Skitouren versprechen ein intensives und einmaliges Erlebnis für Wintersportbegeisterte. Doch mit dieser Freiheit geht auch eine Verantwortung einher, besonders wenn es um die Beziehung zwischen Wildtieren und Skitourengänger:innen geht. Zweifelsohne bewegen sich Skitourengänger:innen oft in Lebensräumen der Wildtiere, und v.a. schneereiche Winter sind für Letztere kräftezehrend. Gleichwohl hat die Vergangenheit gezeigt, dass in den meisten Fällen eine Koexistenz möglich ist. Bei der Diskussion um Einschränkungen des freien Zugangs zugunsten der Wildtiere zeigen sich Interessenkonflikte zwischen Jagd, Wildtierschutz und naturnaher Erholung, die es zu verstehen und zu bewältigen gilt.
Wildtierwohl vs. Skitourenspass
Die Herausforderung liegt darin, die Bedürfnisse von Wildtieren und die Faszination des Skitourengehens miteinander in Einklang zu bringen. Wildschutzzonen dienen dem Schutz der Tierwelt, insbesondere während empfindlicher Phasen wie im Winter. Skitourengänger:innen hingegen suchen unberührte Hänge und abgelegene Routen, die oft durch diese geschützten Gebiete verlaufen.
Aufklärung und Sensibilisierung
Ein entscheidender Aspekt liegt in der Aufklärung und Sensibilisierung der Skitourengänger:innen. Informationen über Wildschutzzonen, die spezifischen Schutzzeiträume und alternative Routen müssen leicht zugänglich sein. Klare Kommunikation seitens der Skigebiete und Naturschutzbehörden ist dabei von essenzieller Bedeutung, um das Bewusstsein für die Natur und die Notwendigkeit des Schutzes zu stärken.
Verantwortung übernehmen
Skitourengänger:innen tragen Verantwortung, nicht nur für ihre eigene Sicherheit, sondern auch für den Erhalt der Umwelt. Das Meiden von Wildschutzzonen während kritischer Zeiten, das Beachten von ausgewiesenen Routen und das respektvolle Verhalten gegenüber Flora und Fauna sind Schritte in die richtige Richtung.
Zugang gewährleisten
Demgegenüber stehen die Behörden in der Pflicht, den Zugang zu den Bergen nur soweit einzuschränken, wie es der Schutz der Umwelt gebietet (vgl. zum Zugang zu den Bergen den Beitrag im Bergsportkommentar). Übermässige Verbote sind unverhältnismässig und damit rechtlich betrachtet unzulässig. Sinnvoll und akzeptanzbildend sind viel mehr kleinräumig beschränkte und zeitlich limitierte Verbote. Die Akzeptanz ist zentral: Denn kontrollieren und durchsetzen lassen sich die wenigsten Regelungen. Bereits aus diesem Grund sollten die Behörden ein Interesse daran haben, das Bedürfnis der naturnahen Erholung gebührend zu berücksichtigen.
Dialog fördern
Ein offener Dialog mit Skitourengänger:innen ist unerlässlich, um Lösungen für konkrete Probleme zu finden. Die Entwicklung von Leitlinien und gemeinsame Initiativen können dazu beitragen, Konflikte zu minimieren und einen nachhaltigen Wintersport zu fördern.
Digitalisierung nutzen
Moderne Technologien, wie beispielsweise Apps mit interaktiven Karten und Echtzeitinformationen, können Skitourengänger:innen helfen, informierte Entscheidungen zu treffen (vgl. z.B. SAC-Skitourenportal). Diese Tools informieren nicht nur über Routen und Bedingungen, sondern auch über Wildschutzzonen.
Fazit: Ein Miteinander statt Gegeneinander
Die teils divergierenden Interessen erfordern eine ausgewogene Herangehensweise, bei der der Respekt vor der Natur und die Freude am Wintersport Hand in Hand gehen. Durch Aufklärung, Eigenverantwortung und einen offenen Dialog können wir sicherstellen, dass diese beiden Interessen nicht nur koexistieren, sondern sich auch gegenseitig bereichern. So können wir die Schönheit der Bergwelt für kommende Generationen bewahren und gleichzeitig den Winterzauber in vollen Zügen geniessen.
Dr. iur. Rahel Müller ist Mitglied des Zentralvorstandes des SAC, Mitglied der Kommission Recht SAC, Autorin von Haftungsfragen am Berg (ISBN: 978-3-03751-822-9) und verschiedener weiterer Publikationen im Gebiet des Alpin- und Bergsportrechts. Sie ist Mitgründerin und Partnerin der Anwaltskanzlei brumann müller recht in Bern, Schweiz.